Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub

Ostpreußen

Eine Reise nach Litauen und Masuren

 

Samstag, 02.06.2012

Endlich Urlaub! Diesmal soll es ins Baltikum gehen. Eines jedoch ist neu. Unser Caravan!

Noch kurz vorm Urlaubsstart hatte sich Tom entschlossen den geliebten
Ford Nugget zu verkaufen und auf etwas Komfortableres umzusteigen. Nun stand
der Neue vor der Tür. Ein Sunligth Enyoy und es galt noch so viel
vorzubereiten. Gasflaschen, Wassertank, alles rutsch-, kratz-, wackelfest
verstauen, die Last nicht zu groß und gleichmäßig verteilt. Nicht so einfach! Sollen die Rädermit oder nicht? Wir entscheiden sie mitzunehmen. Also musste
noch ein neuer Träger her und, und, und.

Gegen 10.00 Uhr am Samstag geht es dann Richtung Osten. Über Görlitz
kommen wir zügig weiter bis Breslau. Danach läuft es nur noch schleppend. Polen
hat kaum Autobahnen, eine Transitstrecke ins Baltikum gibt es nicht. So wackeln
wir mit 50 kmh über Landstraßen und durch kleine Nester. Auch die
Fernverbindungen sind grottenschlecht mit tiefen Spurrinnen. Selbst wenn man
schneller fahren darf, es geht einfach nicht. Wir machen immer wieder Pause,
diese Art Fahrerei ist sehr ermüdend. Unser Ziel Warschau erreichen wir an
diesem Tag nicht mehr. 100 km davor machen wir halt auf dem Campingplatz Borki
um den nächsten Tag zügig weiter zu kommen.

 

Sonntag, 03.06. 2012

Bis in die Masuren sind es noch etwas über 300 km. Dafür werden wir voraussichtlich den ganzen Tag benötigen. Also heißt es zeitig starten. Erst am Abend treffen wir in Lötzen, dem heutigen Gitzycko, ein. Der Platz, welchen wir uns raus gesucht haben, liegt in der Nähe eines kleinen Yachthafens und ist sehr großzügig und gepflegt. Wir platzieren uns direkt am See. Außer ein Paar aus
Holland und einem aus Dänemark, sind wir die einzigen.

Der Abend ist angenehm warm aber trübe und es ist so still hier, dass
es schmerzt in den Ohren. Wir genießen den Blick auf den See, kein Lüftchen
weht, keine Welle kräuselt sich. Nur eine einsame Möwe kreischt und es klingt
als würde sie uns auslachen.

 

Montag, 04.06.2012

Der Tag beginnt sonnig. Während ich die weitere Route plane, will Tom
den neuen Fernseher mit der alten Satellitenanlage verbinden, was ihm eine
gehörige Portion Geduld und Nerven abverlangt. Irgendwas will nicht passen. Ein
Kabel ist kaputt und tatsächlich hat er Ersatz dabei.

Am Nachmittag fahren wir in das
nahe Rastenburg ( Ketrzyn), um die Wolfsschanze zu besichtigen. Ich denke wenn
man schon in diese Ecke der Welt kommt, sollte man dies nicht auslassen.
Martialisch anmutende große Schilder, lassen uns den Weg nicht verfehlen. Es
hat sich eingetrübt, den Mücken ist das egal. Die Biester sind hungrig. Nur
gut, wir haben drei Flaschen Mückenspray im Reisegepäck.

Auf dem Parkplatz spricht uns ein Pole an. Czestlaw Puciato spricht
deutsch, er bietet uns eine Führung über das Gelände an. Für 15,00 Euro nehmen
wir seine Dienste in Anspruch und erfahren in den kommenden 1,5 Stunden eine
Menge über die damalige Zeit, mit vielen geschichtlichen Zusammenhängen und
Daten zum Bau der Anlage, aber auch viel über seine Person. Der Mann hat
Geschichte und Geographie studiert, schreibt Bücher. Er schwärmt von seiner kleinen Hündin,
welche er und seine Frau in einem eisigen Winter vorm erfrieren gerettet hatte
und die nun sein ein und alles ist. Er erzählt von den Wölfen, die es in dieser
Gegend gibt und den gefährlichen Sümpfen rings um. Wir kaufen zum Schluss der Führung noch ein
Buch von ihm, auf Deutsch, versteht sich.

Froh, nicht den düsteren Stellplatz direkt an der Wolfsschanze
ausgewählt zu haben, sitzen wir am Abend wieder gemütlich am See. Auf dem Grill
duften die Steaks und bei einem Glas Wein kann der Tag entspannt ausklingen.

 

Dienstag, 05.06.2012

Heute Morgen geht es weiter nach Litauen. Um Königsberg müssen wir
leider einen Bogen machen. Durch die russische Exklave kommt man nur mit einem
ziemlich teuren Visum, langen Wartezeiten und unangenehmer Abfertigung an der
Grenze. Das sparen wir uns.

Über Sulwalki soll es Richtung Grenze gehen und dann nach Kaunas. Das
Benzin recht noch für 250 km, damit kommen wir bis Litauen. Mit Hilfe von Frl.
Weiner, dem Navi und dem ADAC Autoatlas fahren wir durch die kleinen
verschlafenen Nester der Masuren. Wir sind gut gelaunt und entspannt, bis Frl.
Weiner plötzlich interveniert. Ich bin der Meinung wir müssen rechts abbiegen,
den Wegweiser Richtung Suwalki folgen. Das findet sie allerdings nicht. Ich
setze mich durch, Tom fährt erst mal nach rechts. Aber schon nach drei Kilometern
wird er unruhig. „Die Kilometer werden immer mehr auf dem Navi“, meint er.“ Wer
weiß welchen Umweg wir jetzt fahren. Vorhin waren es gerade noch so und so
viel… und jetzt sind es nun schon so und so viele Kilometer, für Umwege haben
wir nicht genug Benzin“. Ich habe keine Lust zu streiten, schließlich will ich
mich im Urlaub erholen. Also drehen wir um und folgen den Anweisungen von Frl.
Weiner. Sie schickt uns im Kreisel links
ab. Die Straße ist gigantisch gut. Ich bin direkt erfreut. Vielleicht gibt es
hier eine nagelneue Strecke, auf der wir mal zügig vorankommen, eine die so neu
ist, dass sie in der allerneusten Ausgabe vom ADAC Atlas noch nicht enthalten
ist, so hoffe ich.

Wir kommen gut voran, nur nicht
lange. Dann wird die Straße wieder zur Holperstrecke und kurz darauf zur
Schotterpiste, die immer enger wird und zum Waldweg mutiert. Umkehren ist nun nicht mehr möglich. Immerhin
sind wir mit Caravan 12 Meter lang. Tom ist mittlerer Weile ganz blass und
schweigsam geworden, hat das Radio ausgeschaltet und kratzt sich dauernd an der
Nase. Das macht er nur wenn er richtig Stress hat. Wir befinden uns mitten im
masurischen Urwald unweit der russischen Grenze. Die Landschaft ist
beindruckend schön. Links und rechts vom Weg ist Sumpf mit herrlichen gelben
Blumen darin. Sie sehen aus wie Lilien. Mückenschwärme der ganzen Welt haben
sich hier eingefunden und lauern nun auf
uns. Ein großer Ast liegt quer über den Weg, ich muss raus um ihn an die Seite zu zerren. Der ist wie festgewachsen. Ich habe
alle Mühe mit dem Ding. Wer weiß wie lange der schon hier liegt und wie lange
schon keiner auf diesem Weg gefahren ist! Gegen die Mücken bin ich präpariert,
trotzdem wird mir langsam mulmig. Genug Lebensmittel für ungefähr eine Woche
haben wir dabei. Aber der Benzin wird
langsam knapp. Schweigend schleichen wir im ersten Gang weiter. In Gedanken
sehe ich schon Russen mit der Kalaschnikow im Anschlag aus dem Busch springen.
Mitten im Wald stoßen wir auf eine Kreuzung. Die Weiner hat auch wieder was zu
sagen. Zwangsläufig folgen wir ihren Anweisungen. Die Straße in die wir biegen
ist breiter und etwas besser. Vor uns stehen zwei klapprige Autos und
versperren uns den Weg. Es sind polnische Nummernschilder. Zwei Männer halten mitten auf der Straße
einen Plausch. Warum auch nicht, hier kommt wahrscheinlich außer ihnen keiner
lang. Den Beiden steht vor Staunen der Mund offen, als sie uns sehen. Sie steigen
ein und machen Platz. Einer schaut immer noch ganz eigenartig, als wir an ihm
vorbei schaukeln, der andere kann sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen.
Irgendwann erscheint ein Verkehrsschild und kündet von naher Zivilisation. Ich
bin sehr erleichtert. Tatsächlich erreichen wir kurz darauf eine kleine
Ortschaft. Nun übernehme ich, nach kurzer Orientierung, wieder die Führung und
wir schaffen es gerade noch so zur Tankstelle in Suwalki.

Am späten Nachmittag erreichen wir Kaunas und sind damit auch in einer
anderen Zeitzone. Eine Stunde müssen wir auf unsere Sommerzeit aufschlagen.

Der Ausflug in den Urwald hat uns drei Stunden gekostet. Wir parken auf
dem City-Campingplatz. Er ist asphaltiert, direkt an der Autobahn, das im
Campingplatzführer beschriebene Schwimmbad entpuppt sich als ein aufgestellter
Plastikpool. Sanitäranlagen gibt es im
Container. Sehr charmant das Ganze. Kein Platz zum Genießen. Also beschließen wir, gleich noch Kaunas zu
besichtigen. Diesmal führt uns das Fräulein ohne zu zicken ins Stadtzentrum.

Wir haben keine Münzen um die Parkuhr zu füttern. Ich laufe zu einem
Kiosk und will versuchen 10 Litvas zu wechseln. Die beiden älteren Frauen
darin, glauben ich will die Parkgebühr bei ihnen entrichten und machen
abwehrende Handbewegungen. Die eine, die so aussieht wie die drallen Russinnen
aus den sowjetischen Filmen, welche immer im DDR-Fernsehen ausgestrahlt wurden,
fragt plötzlich:“ gawaritje paruskie?“ ich antworte: „ Ja nje gawarju paruskie“
. sie schaut irritiert dann lacht sie, winkt ab und dreht sich um. In letzter Sekunde
fällt mir die englische Vokabel „ exchange“ für wechseln ein. Endlich, es
funkt, alle sind erleichtert. Problemlos bekomme ich 10 Litvas in Münzen und
wir können die Parkuhr füttern. Mit einer winzigen Stadtkarte im Reiseführer machen
wir uns auf in die Altstadt. Intuitiv schlagen wir den richtigen Weg ein und
landen auf dem Marktplatz, bewundern den „Schwan von Kaunas“, das weiße
Rathaus. Darin befindet sich ein Museum, welches leider schon zu hat. Wir schlendern über den Vilniaus Gatve. Ich
bin echt überrascht hier nur junge Leute zu sehen. Sie sitzen in Cafés und
kleinen Kneipen, Lachen und diskutieren. Keine Oma mit Rollator, nirgendwo. Tom
hat zu diesem Thema eine Theorie. Er meint, die Alten dürfen hier nach 16.00
Uhr nicht mehr auf die Straße und uns fängt man auch gleich weg.

Die meisten Häuser sind schön hergerichtet und rekonstruiert,
dazwischen aber auch immer wieder Ruinen. Wir wollen noch ein Brot kaufen,
finden eine Bäckerei und kaufen ein dunkles, fast schwarzes Brot. Es schmeckt
sehr malzig mit einer Kümmelnote. Wir finden es lecker.

Bevor wir zurück fahren, machen wir noch einen Abstecher zur Burgruine.

 

Mittwoch, 06.06.2012

Wir wollen weiter zur Küste, entlang der Memel. Doch bevor es soweit
ist, fahren wir noch etwa 20 Kilometer in Richtung Vilnius. Auf der Autobahn
sollte das ziemlich schnell gehen. Nachdem wir aber Radfahrer und Traktoren
überholen, vergewissere ich mich noch mal, ob dies wirklich eine Autobahn ist.
Ist es! Vor uns sprintet dann auch noch eine ältere Dame mit ihrem
Hackenporsche über die Fahrbahn. Allerdings muss sie nicht, wie die Leute in
Albanien über die Leitplanke klettern. Es befindet sich eine Aussparung darin.
Sie will zur Bushaltestelle auf der anderen Seite. Andere Länder, andere
Sitten, in Deutschland wäre das undenkbar. Bushaltestellen an der Autobahn und
Leute die einfach so über die Fahrbahn laufen!

Bald ist unser Ziel, ein Freilichtmuseum am Kaunaser Meer, erreicht.
Wir zahlen 10 Litvas Eintritt pro
Person, das sind etwa 3,30 Euro. Das Areal ist riesig. Hier wurden alte Häuser
aus allen Gegenden Litauens zusammengetragen und somit vorm Untergang gerettet.
Das Museum ist quasi ein Zoo, für vom Aussterben bedrohte Häuser. Wir bewundern
alte Gehöfte, die auch bewirtschaftet werden. In den Gärten wächst Gemüse und
in den Vorgärten blühen Blumen. Zu jedem Gebäude gehört jemand, der sich darum
kümmert. Wir finden das alles wäre noch authentischer, wenn die „ Pfleger“ altertümliche Bekleidung an hätten, und in
den Ställen auch Tiere stünden. Naja wenigstens ab und zu ein kleines
Schweinchen oder so. Wir wandern durch
die Zeit, staunen über alte Kutschen und die Windmühlen. Finden ein Dorf wo die
Gebäude auf großen Findlingen stehen. Man könnte glatt unter ihnen durch
kriechen. Alles sieht aus wie in den
russischen Märchenfilmen. Gleich werden die Fensterflügel geöffnet und die
lustige Babuschka steckt ihren Kopf heraus um ein Märchen zu erzählen. Da
schwirrt die Baba Jaga auf ihrem Besen über unsere Köpfen hinweg und Iwanuschka
der Bär, läuft aus dem Wald auf uns zu. Väterchen Frost zaubert Schnee auf die
Bäume und… nun ist aber gut. Es ist Sommer und die Sonne scheint.

Froh, im Häuserzoo auch ein historisches Wirtshaus zu finden, kehren
wir zum Mittag ein. Ein leckeres und preiswertes Vergnügen für weniger als 20
Euro. Für zwei Personen, versteht sich.

Wer weiß wie viele Kilometer wir gewandert sind? Nun geht es weiter.
Entlang der Memel fahren wir Richtung Jurbarkas. Etwa 15 km vor dieser
Stadt gibt es einen Campingplatz. Den einzigen auf dieser Route. Medaus Slenis heißt er und es bedeutet
Honigtal. Dabei ist das keineswegs ein Tal, eher ein Plateau auf einen Hügel. Der
Besitzer ist Imker und ehrlich, Honighügel oder Honigplateau klingt doch
ziemlich blöd. Es ist wunderschön hier. Ein riesiges Areal mit
Golfplatzcharakter lässt uns staunen. Teiche und Baumgruppen zieren ihn.
Feuerstellen, Grillplätze, überdachte Sitzgelegenheiten, selbst Hängematten
baumeln zwischen den Bäumen vom dichten
Drei-Zentimeter-Rasen ganz zu schweigen. Spontan entscheiden wir uns zwei
Nächte zu verweilen.

Außer uns stehen noch zwei deutsche Camper hier. Wir sind noch beim
Aufbauen als die dazugehörigen Besitzer auf ihren Rennrädern um die Ecke
biegen. Später am Lagerfeuer verraten
sie uns ihr Alter. Die haben alle 4 die 80 bereits überschritten!

 

Donnerstag, 07.06 2012

Zum Schloss Panemune soll es heute gehen. Eine ständige Ausstellung
einer litauischen Kunstakademie gibt es dort. Nur leider ist da geschlossen,
wie wir vom Besitzer des Campingplatzes, dem Honigmann, erfahren. Wegen Rekonstruktion
bis August zu. Wie schade. Trotzdem schwingen wir uns auf die Räder, begleitet
von einem „ bu bu buuuh“ aus dem Busch, finden wir schnell den Weg. Es geht
durch Pillis, die Türme des Schlosses immer in Sichtweite. In Wachhundkreisen
macht es schnell die Runde, da sind Fremde im Dorf. Das geht schneller wie wir
radeln können. Außerdem sehen sich die Hunde irgendwie alle ähnlich.
Mittelgroß, hellbraun, zottelig und sie sind sicher alle mit einander verwand. Die
Dorfstaße ist staubig und unbefestigt, die Vorgärten gepflegt. Manche Häuser
sind aus weißen Ziegeln und unverputzt, daneben grüne, gelbe rote Holzhäuser.
Vor einem sitzt ein Mann der Akkordeon spielt. Er ist aus Stein. Hölzerne
Strommasten sorgen für Energie.

Panemune ist nicht mal von außen zu besichtigen. Der Weg mit Steinhaufen versperrt. Drei Männer
arbeiten. Einer davon baggert, der andere sagt dem Baggerfahrer wie es geht und
der letzte passt auf die Schaufel auf. Bis August wird das nie was. Wir kehren
um und wieder macht es „bu bu buuuh“

Obwohl der Honigmann gerade neue Sanitäranlagen baut, er lässt es sich
nicht nehmen mit seinen Gästen zu plaudern. Mit Händen und Füßen und Englisch
klappt das ganz gut. Ich komme nicht umhin, ihn über das Bubuh- Geräusch zu
befragen. Er ist hoch erfreut über mein Interesse. Der Vogel steht auf einer
Artenschutzliste, und in dieser Gegend gäbe es noch etwa 6-8 dieser Bubus,
erfahre ich. So heißen die natürlich nicht, aber irgendwie muss das Kind, nein
der Vogel, ja einen Namen haben.
Überschwänglich berichtet er, dass es in der Gegend noch weitere seltene Vögel
gäbe. Einer davon würde „Bienenfresser“ heißen, sei ganz selten, auch auf der
Artenschutzliste, versteht sich. Ein wunderschöner Vogel, schwärmt er, bunt wie
ein Papagei. Ganz früh morgens würde dieser an die Fenster der Camper klopfen
und manchmal auch an Flaschen, falls man die abends nicht weg geräumt hat.
Klar, denke ich, der erzählt sicher gerade Imkerlatein. Vielleicht ist der Bienenfresser
so was wie der litauische Wolpertinger? Der verarscht mich doch. Tom, der
gerade, auf der Suche nach einem anderen Geräusch, unterm Auto liegt, bekommt
das alles gar nicht mit. Ich erzähle es ihm sofort. Bienenfresser? Er zuckt mit
den Schultern. Wer weiß schon was du verstanden hast und was der Typ erzählt
hat. Wenn zwei nicht gut englisch sprechen, sind Missverständnisse doch
vorprogrammiert.

Nun könnte die Geschichte zu Ende sein und in Vergessenheit geraten. Tut sie aber nicht.
Schon am nächsten Tag in Klaipeda macht mich Tom auf das Logo des
Campingplatzes aufmerksam. Da hast du doch deinen seltsamen Vogel, meint er.
Ich sehe ein Schild mit einem Caravan,
an dem ein Specht hängt und klopft. Das ist des Rätsels Lösung. Bienenfresser bedeutet also nur Insektenfresser. Bunt ist ein Buntspecht
schließlich auch und scheinbar haben es diese Vögel auf die Behausungen braver
Camper abgesehen. Aber die stehen niemals auf der Artenschutzliste. Außerdem
gibt es Spechte doch überall. Naja wahrscheinlich hat er einfach ziemlich dick
aufgetragen. Oder?

Die Geschichte hat sich doch noch aufgeklärt und ist damit zu Ende.
Jedoch, später, viel später, ich bin längst schon wieder auf Arbeit, geht mir
sie Sache nicht aus dem Kopf. Ich frage einen ornithologisch bewanderten
Kollegen ob er schon mal was von einem
Bienenfresser gehört hätte?

Klar, sagt er, der ist ganz, ganz selten, vielleicht schon
ausgestorben. Aber wunderschön ist er, bunt wie ein Papagei nur der Schnabel ist spitz und lang. Ich lach
mich schlapp.

Aber nun wieder zurück ins Honigtal. Am Nachmittag fahren wir nach
Jurbarkas. Die Stadt hat wenig zu bieten. Sie hat den Charme sowjetischer
Besatzung nicht abgelegt. Wir tanken und füllen unsere Grill- Vorräte auf.
Kaufen die leckersten Grillwürstchen aller Zeiten.

Gegen Abend bemerke ich, wie der Honigmann aus einem seiner Teiche eine
Art Reuse zieht. Fische sind nicht darin. Neugierig frage ich ihn, ob er da
etwa auch Fische züchtet? Tatsächlich, er füttert Karpfen für den eigenen
Bedarf. Die Menschen in Litauen sind offensichtlich ganz groß wenn es um
Selbstversorgung geht.

Wir grillen abends und packen schon langsam wieder ein.

 

Freitag, der 08.06.2012

Wir fahren weiter entlang der Memelstraße. Die Landschaft ist herrlich.
Wälder, Felder, Weite, ein alles umspannender blauer Himmel, immer wieder
Bauernhöfe. Zu jedem Hof gehört ein
Storchennest. Wir sind ja auch im Land der Störche. Kühe, gackernde
Hühner, Bienenkörbe in beinahe jedem Vorgarten. Ich fühle mich um 40 Jahre
zurückversetzt. Dörfliche Idylle wie ich sie aus meiner Kindheit noch kenne.

Vor uns taucht Schmalleniken auf. Die Dorfstraße ist aus 
Kopfsteinpflaster und alte Eichen spenden Schatten. Ich werfe einen
Blick auf die alte Pegelmessstelle, ein deutsches Überbleibsel. Es riecht nach
guter, alter Zeit.

Wir suchen ein privates technisches Museum. Mit Hilfe der GPS Daten aus
dem WOMO Reiseführer, finden wir es auch. Auto und Caravan haben wir abgestellt
und zu Fuß marschieren wir kleine, unbefestigte Seitenstraßen entlang und stehen
dann vor dem unscheinbaren Grundstück. Im Garten steht alles voller alter
Landmaschinen, Autos, Motorräder, wild gesammelt, ohne Systematik. Aber allemal
sehr interessant. Wir können auch ins
Haus, wo noch mal ein kleines Museum eingerichtet ist. Auch hier kann ich kein
System zu erkennen. In trauter
Einigkeit, steht die Leninbüste unter einem Hitlerplakat. Der Herr des Hauses,
erklärt, Lenin sei der Befreier von Litauen, und der da, er zeigt auf Hitler,
ist einer von Euch. Er schein Kommunist zu sein, der gute. Vielleicht ist er
ein Russe? Immerhin er spricht außer litauisch noch russisch, englisch und ein wenig deutsch. In
einem Regal entdecke ich eine unscheinbare Kiste aus Blei. Darauf ein
Einweckglas mit grauem Pulver darin. Ich will es wieder genau wissen und frage
nach. Der Sammler zeigt uns ein altes Foto mit einem Mann vor einem Viehwaggon.
Mit dem Zug sei der Großvater an die Front gefahren und in dieser Kiste ist er
nach Hause kommen. Im Glas sei angeblich Erde von dort wo er begraben war. Ich
könnte wetten, im Glas ist die Asche des Opas. Auch Fotos von Großvaters
Bruder, dem Partisan, zeigt er uns. Er kann seinen Stolz nicht verhehlen.

Wir stecken dem Mann ein paar Litvas zu und ziehen weiter zum Berg
Rambynas. Von dort aus genießen wir einen herrlichen Ausblick über die Memel
Richtung Tilst, dem heutigen Sowjetsk. An dieser Stelle bildet die Memel die
Grenze zu Kaliningrad. Der Berg auf dem wir stehen ist ein alter heidnischer
Opferplatz und es ranken sich viele Geschichten um ihn, die in Litauen jedes
Kind kennt. Am späten Nachmittag erreichen wir Klaipeda. Ursprünglich wollten
wir auf den Campingplatz nach Nida. Aber dieser ist so unerhört teuer, dass wir
uns entschließen die Kurische Nehrung mit dem Auto zu erkunden.

Der Platz in Klaipeda, soll laut Campingplatzführer in Strandnähe
liegen und sehr ruhig sein. Ich stelle fest, zum Strand läuft man mindestens 15
Minuten und mit der Ruhe ist es auch schnell vorbei. In etwa 200 Metern
Entfernung rattern immer wieder Güterzüge vorbei.

Gleich nebenan steht ein VW Bus mit Leipziger Kennzeichen. Seine
Bewohner sind zwei alternative Lebensformen mit Filzhaaren und einem 6 Monate
altem Säugling. Der junge Mann ist gerade im Babyjahr und die Mutter des Kindes
studiert. Sie wollen noch ein halbes Jahr unterwegs sein und noch bis zum
Nordkap hoch. Für Campernachwuchs ist also gesorgt.

Ein Stück hinter uns entdecken wir ein Dresdner Kennzeichen. Das
Rentnerpaar will ebenfalls noch bis Riga, um von dort mit der Fähre nach
Schweden über zu setzen. Die Frau muss gerade noch mal schnell ein Brot backen
in der Gemeinschaftsküche des Platzes. Ganz stolz erklärt sie mir, dass sie
immer alle Backutensilien und Zutaten, inklusive jeder Menge Mehl dabei hat.
Das Brot schmeckt doch nicht in diesen Ländern, meint sie und manchmal backe
sie sogar Kuchen für ihren Mann. Ich bin sehr froh, dass wir beide keinerlei
Heimat-Brot-Entzugserscheinungen haben. Wir finden das litauische Malzbrot
richtig gut.

Noch am Abend fahren wir nach Klaipeda, flanieren am Hafen entlang. Die
Stadt macht einen kleinstädtischen Eindruck. Wieder mal stellen wir fest, die
jungen Litauerinnen sind sehr hübsch. Lange Haare, lange Beine und sehr kurze
Röcke stöckeln an uns vorbei. Ich bin entzückt über die Geschicklichkeit wie
sie über das Kopfsteinpflaster laufen, ganz ohne sich was zu brechen.

Leise beginnt es zu regnen. Wir fahren
zurück und machen es uns im Sunny
gemütlich.

 

Samstag, der 09.06.2012

Schon früh am Morgen setzen wir mit der Wagenfähre zur Nehrung über. Diese
ist etwa 100 km lang, wovon aber nur die Hälfte zu Litauen gehört. Wir fahren
bis ganz hinter. Nida ist der letzte Ort
vor der Grenze zur russischen Exklave Königsberg/ Kaliningrad. Der Ort ist
klein aber sehr fein. Früher lebte ein Volksstamm, die Kuren, auf der Nehrung und gaben ihr den
Namen. Häufig liest man auch den Namen“ Neringa“. So werden die Kurorte auf der
Nehrung bezeichnet und als Gemeinde zusammengefasst.   Es gibt aber auch die Sage von der Riesin
Neringa.

Wir klettern auf die große Düne von Nida und sind überwältigt von der
einfachen Schönheit dieser Landschaft. Ein Himmel aus blauer Seide mit weißen
Zuckerwattewolken spannt sich von einem Horizont zum anderen. Der würzige Duft
des Meeres, wie man ihn kennt von der Ostsee, tut sein Übriges. Ein Wechsel aus
Licht und Schatten malt interessante Strukturen in den Sand. Wir genießen
barfuß den warmen Sand. Er quietscht beim Laufen unter meinen Füßen. Nida sieht von oben aus wie Spielzeug. Weiße
Segelschiffe kreuzen auf dem Haff und am Horizont erahnen wir das Memeldelta.

An den Bernsteinhändlern kommen
wir nicht vorbei und geben richtig Geld aus für ein paar sehr schöne Stücke. Langsam
geht es wieder zurück Richtung Fähre. Allerdings, nicht ohne Schwarzort, dem heutigen Juodkrante einen
Besuch abzustatten. Die bizarren abgestorbenen Bäume kurz vorm Ortseingang,
erregen unsere Aufmerksamkeit. Weiße, blätter-und rindenlose Baumgeister
strecken ihre hölzernen Finger in den Himmel. 
Die Bäume sind voll mit unzähligen Nestern. Die Vögel brüten. Es ist eine Graureiherkolonie. Die Exkremente dieser Tiere sind
offensichtlich so scharf, dass die Bäume davon absterben. Die Luft ist erfüllt
von ihrem Lärm und einem scharfen Geruch.

In Schwarzort kaufen wir herrlich Räucherfisch und sind am späten
Nachmittag wieder in Klaipeda. Sicherlich könnte man eine ganze Woche damit
verbringen, die Nehrung zu erkunden, soviel Zeit haben wir leider nicht. Auf
mich wartet noch das Ännchen von Tharau. Sie ziert den Brunnen vorm
Theaterhaus. Jeder kennt das Lied welches von Simon Dach im 17. Jahrhundert
verfasst worden ist. Sie ist ein wenig
steif bei unserer Fotosession. Deshalb ist das Date auch schnell beendet. Rings
um auf dem Theaterplatz verkaufen Händler Bernstein. Die Preise variieren sehr
und die Spannbreite ist riesig. Wir fragen uns, ob Steine und Schmuck immer
echt sind? An einem Stand werde ich Zeuge, wie ein alter Mann im abgerissenen
Anzug eine Tüte aus seiner Aktentasche
zieht und sie einer Händlerin reicht. Es kommen einige große, schöne
Bernsteine zum Vorschein und eine Kette
mit runden großen Bernsteinperlen. Es wird einige Zeit verhandelt, dann
wechseln Steine und Geld den Besitzer. Die waren ganz sicher echt, gesammelt am
Ostseestrand.

Zurück auf dem Campingplatz freuen wir uns auf den duftenden, riesigen
Räucherfisch. Wir haben umgerechnet keine 3 Euro dafür bezahlt und es läuft uns
das Wasser im Munde zusammen bei seinem Anblick. Allerding merken wir bald dass
uns der Fisch kein Vergnügen bereiten will. Geschmacklich durchaus sehr lecker,
haben wir den Mund doch voller Gräten und sind dauernd nur am Spucken. Wir werfen bald das Handtuch und den Rest des
Fisches in den Müll. Die Platzkatze
freut sich. Vom Duft angelockt streift sie bald um unseren Caravan um zu
schauen ob sie noch ein paar Bröckchen von unserer Grätenspuckerei finden kann.

 

Sonntag, der 10.06.2012

Wir verlassen die Küste, es zieht uns wieder ins Landesinnere. Der
ursprüngliche Plan, noch bis Riga zu kommen, geht nicht auf. Weit ist es nicht
mehr, aber die Zeit würde trotzdem nicht reichen um es zu genießen.

Unser nächstes Ziel ist der Berg der Kreuze bei Siauliai. Auf dem Weg
dahin füllen wir noch unsere Vorräte auf. Es gibt in diesem Land keine
Öffnungszeitenregelung. Man kann beinahe rund um die Uhr einkaufen.

Der Berg ist wirklich bemerkenswert. Mehr als 200000 Kreuze sind es
schon und es kommen täglich neue dazu. Die kleine Anhöhe soll, ähnlich wie der
Rambynas, ein alter Opferplatz sein. Es wird dem Platz auch eine wundertätige
Wirkung zugeschrieben und es ranken sich 
unzählige Geschichten um ihn. Er wird als nationales Heiligtum
bezeichnet.

Wir hoffen, noch am Abend in Trakai anzukommen aber versteifen uns
nicht darauf. Man kommt einfach nicht so schnell voran mit einem großen
Anhänger am Auto. Jedoch am Abend ist es vollbracht, sogar ein Abstecher zum
Wisentpark war noch drin. Diese braunen Riesen leben in Litauen wieder in
freier Natur. Es gibt bereits mehrere 
Herden. Uns sind sie hinterm Zaun allerdings lieber. Ich frage mich, wie
die wohl schmecken? Als Hüftsteak
medium!

Der Campingplatz in Trakai soll der schönste in Litauen sein. Das kann
man in allen Reiseführern so lesen. Vom Ambiente kann er mit dem Honigtal nicht
mithalten. Jedoch die Dame an der Rezeption spricht sehr gut deutsch. Gerne
würde ich mit Euro oder Visa bezahlen, dies ist nicht möglich. Nur Bares ist
Wahres! Komisch, wir sind auf einem internationalen Platz und man kann nicht
mal mit Karte bezahlen. Dafür gibt es glatt weiter Punkte Abzug. Wir bekommen
einen Platz zugewiesen. Für Tom erfordert das einiges Geschick um den Sunny in
Stellung zu bringen. Gleich nebenan stehen zwei 
Mobile aus Wolfsburg. Auch diese
beiden Rentnerpaare sind auf großer Nordlandtour und werden erst im Herbst
wieder zu Hause sein. Wir sitzen noch bis Mitternacht mit ihnen zusammen. Es
ist immer noch nicht richtig dunkel, als wir müde ins Bett kriechen. Der Himmel
sieht aus wie Milch mit Tinte und in 3 Stunden wird es schon wieder hell. Die
Sommernächte sind kurz in dieser Gegend.

 

Montag, der 11.06.2012

Kurz nach uns, sind am Vorabend 22 deutsche Wohnmobile eingetroffen.
Die kommen von einer geführten Russlandtour. Perestroika Tours steht auf den
roten Aufklebern, die an jedem Mobil prangen. Wir stehen oberhalb dieser Gruppe
und können nun ihr Treiben gut beobachten. 22 Seniorenpaare sind seit 4 Wochen
gemeinsam unterwegs. Wir wissen nicht so recht, ob uns das gefallen würde. Aber
alleine durch Russland ist eben auch nicht möglich.

Am späten Vormittag machen wir uns auf nach Trakai. Zuerst mal heißt es
eine Bank finden. Wir brauchen noch mal Landeswährung. Es erwartet mich eine komische Prozedur bei
der Schwedenbank. Ich muss eine Nummer ziehen, wie bei uns auf dem Amt. Wichtig
ist es allerdings, die richtige Nummer für den richtigen Schalter zu erwischen.
Das setzt voraus, dass man weiß zu
welchem Schalter man will. Was schwierig ist, da ich kein Litauisch lesen kann
und auch nichts ableitbar ist. Eine junge Frau mit Englischkenntnissen ist mir dann
dabei behilflich.

Trakai ist ein geschichtsträchtiger Ort und umgeben von herrlichen
Seen. Ideal zum Bau einer Wasserburg.
Die wiederaufgebaute Burg Trakai ist ein echtes Schmuckstück. Wir verpassen die
mittelalterlichen Burgspiele um genau eine Woche. Wie schade! Im kleinen Hafen
gibt es jede Menge Souvenirstände. Natürlich darf Bernstein nicht fehlen, aber
auch schöne Keramik und alles Mögliche aus Leinenstoff. Auch Restaurants und
Cafés fehlen hier nicht.

Der Tag klingt geruhsam aus.

 

Dienstag, der 12.06.2012

Vilnius ist keine 30 Kilometer von Trakai entfernt. Die
Landeshauptstadt ist an diesem Tage unser Ziel. Mit Hilfe des WOMO Reiseführers
und den angegebenen GPS Koordinaten darin, 
finden wir einen prima Parkplatz in der Nähe des Stadtzentrums. Zuerst wollen
wir uns einen Überblick verschaffen. Wo geht das am besten? Auf dem Burgberg
mit Aussichtsturm. Es ist warm und wir schnaufen mühsam den Weg hinauf. Schon
auf halber Strecke werden wir ausgebremst. Ein kleiner Bagger baggert. Eine
üppige Blondine in Latzhosen legt ihre Schaufel bei Seite, schreit und fuchtelt hysterisch mit ihren
Armen. Auch wenn wir nicht verstehen was sie schreit, wir werden
unmissverständlich verjagt. Dabei sehe ich Menschen oben auf dem Turm. Wie sind
die denn da hoch gekommen? Wir haben keine Lust mehr nach einem andern Aufstieg
zu suchen.

Auf dem Kathedralenplatz gibt es eine Stadtinformation. Ich bekomme
einen kostenlosen Stadtplan. Alle Hinweisschilder sind auch in englischer
Sprache. So wird die Orientierung zum Kinderspiel. Wie streifen durch die
gepflegte Altstadt. Beschaulich beinahe Kleinstädtisch geht es hier zu. Wir
treiben mit dem Strom der Menschen durch die Gassen. Aller 200 Metern steht
eine Kirche. Nicht umsonst wird Vilnius „die Stadt der hundert Kirchen“
genannt. Auch hier gibt es an jeder Ecke Bernstein, Keramik und Leinen. Nach
der fünften besichtigten Kirche und all dem Pomp kehren wir zum Mittag ein. Die
litauische Küche ist bodenständig und
fleischlastig. Schnitzel mit Kartoffelsalat und Pelmeni stehen quasi nebeneinander
auf der Karte. Der deutsche und russische Einfluss auch in der Küche lässt sich
nicht verleugnen. Am Nebentisch langt eine japanische Reisegruppe kräftig zu.
Der Tisch bricht fast zusammen unter der Last der Speisen. Jeder futtert von
jedem Teller, kreuz und quer. Sie 
stopfen sich den Mund voll und dann können die Japaner noch laut reden und lachen. Eine sehr dünne
und blasse junge Frau verlangt ständig nach heißem Wasser. Dieses schlürft sie
wie kostbaren Tee in sich rein. Die Speisen kostet sie nur und ist ziemlich
angewidert davon. Ich beobachte so gerne fremde Menschen. Gegenüber bezieht ein
Straßenmaler Stellung. Wir bewundern seine charakterstarken Katzenbilder.

Nach dem Essen steht das KGB Museum auf dem Plan. Ein paar hundert
Meter entlang der großen Prachtstraße dann geht es links ab. In den
Reiseführern wird der Gedimino Prospekt als moderne Luxus-Einkaufsstraße
gehandelt. Die Reichen und Schönen flanieren dort. Naja schöne Menschen gibt es
dort viele, ob sie reich sind können wir nicht erkennen. Und Luxus Geschäfte
kann ich so auch nicht entdecken. 
Diverse Markenbekleidungsgeschäfte gibt es, so wie ich sie in jeder
deutschen Stadt auch finden kann. In einem Pfennigartikelladen steht Klopapier
mit Sudoku-Aufdruck im Schaufenster.

Das KGB Museum ist leider geschlossen. Traurig ziehen wir wieder ab und
geraten auf dem Rückweg noch in eine Demo. Auf unserer Straßenseite hatten sich
etwa 20 Orden dekorierte, wackelige 
Veteranen in Uniform zusammen gerottet. Auf der anderen Seite steht ein
skandierender, Plakate schwingender Haufen Omas. Dazwischen jede Menge Staatsmacht
und Reporter mit Kameras. Leider werden wir nie erfahren worum es dabei ging.
Es war sicher was Politisches.

Pflastermüde machen wir uns auf dem Rückweg. Der Burgberg wird immer
noch von der Latzhose-Blondine bewacht. Gar nicht müde, schreit sie wieder
ahnungslose Touristen zusammen.

Wir sind entzückt von den altmodischen 
Elektrobussen, die es bei uns in den 60ern auch gab. Ein Leitungsnetz
überspannt die Straßen. Mit langen „ Fühlern“ halten die Busse Kontakt mit
ihnen. Manchmal stieben Funken. Tom ist ganz fasziniert davon und filmt.

 

Mittwoch, der 13.06.2012

Schade, heute geht es wieder Richtung Heimat. Die Wolfsburger hatten
uns einen schönen Platz bei Nicolaiken empfohlen. Den steuern wir nun an. Am
Abend ist er erreicht. Kurz nach uns kommen auch unsere Verfolger an. 22
Wohnmobile mit roten Aufklebern! Die Perestroika Tour. Und schon war es vorbei
mit Idylle und Ruhe am See.

 

Donnerstag, der 14.06.2012

Wir fahren nach Nicolaiken und verbringen eine heißen, sonnigen Tag in
diesem schönen Ort. Ein Hafen, buntes Markttreiben, lecker Grillsteak zum
Mittag. Dies ist unser letzter Urlaubstag, und er geht im Regen zu Ende.

 

Freitag, der 15.06.2012

Der Weg durch Polen erscheint unendlich. Ein letzter Zwischenstopp ist
in Posnan geplant. Von dort aus soll es dann am Samstag nach Hause gehen. Wir
hatten die Rechnung aber nicht mit der Fußball EM gemacht und wussten nicht
dass da auch Spiele in dieser Stadt sind. Eine Übernachtung hätte uns 90 Euro
gekostet. Empört fahren wir weiter. Wenigstens gibt es nun aber eine Autobahn.
Die ist mautpflichtig und deshalb auch schön leer. Ich finde auf der Strecke
noch einen Campingplatz, es gibt nur ganz wenige in dieser Gegend Polens. Wir
kommen aber nicht hin. Denn da gibt es keine Ausfahrt von der Autobahn. Am Ende
stranden wir am Helenesee bei Frankfurt Oder. Ein alter Platz mit DDR Charme.
Egal, wir sind total erschöpft. Nach einem kleinen Spaziergang am See fallen
wir ins Bett.

Am Samstagmittag treffen wir in
Freital ein. Wir haben 4000 Kilometer mehr auf dem Taro.