Italien 2011- eine Kulturreise

Italien 2011

 

Freitag, 16.September

Erst wenige Tage vor unserem Herbsturlaub war der Beschluss gefasst, nach Italien zu reisen. Der Wetterbericht verhieß einen wunderbaren Spätsommer. Nach einer harten Arbeitswoche wollten wir keine Zeit verlieren und schon am Abend aufbrechen. Gegen 20.00 Uhr war alles verstaut und ab ging es in den Süden. Auf einem Rastplatz auf der A93 vor Regensburg machten wir halt und gingen zu Bett.

 

Samstag, 17.September

Noch in der Dämmerung fahren wir weiter. Gegen Mittag ist dann der Brenner erreicht. Vor uns ein LKW mit brennendem Reifen und die Ursache für das zögerliche Vorwärtskommen. Wir zahlen die ersten Gebühren und ärgern uns darüber, dass Ausländer völlig ohne Maut durch Deutschland fahren dürfen, wir aber von allen Nachbarn ordentlich abkassiert werden. Dies ist der Grund warum wir in Italien sofort von der Autobahn abfahren und die Landstraße nehmen. Die Straße geht direkt neben der AB entlang, aber das Navi hat Probleme den rechten Weg zu finden und schickt uns in die Berge. Zum Glück. Die Strecke ist einfach nur klasse. Es geht höher und höher. Immer wieder erhaschen wir einen Blick ins Tal. Auf der enger werdenden Passstraße, begegnen uns Radfahrer, erst einer, dann immer mehr. Sie strampeln im Stehen den Berg hinauf. Beindruckend! Wir erreichen das Penser- Joch auf 2215 Metern Höhe und machen eine Pause. Die Sonne strahlt, aber es ist erstaunlich kühl, ja es weht ein schon eisiger Wind und lässt erahnen, dass hier der Winter früher kommt. Mit den Kameras bewaffnet ziehen wir los, um die ersten Fotos zu schießen. Ich wundere mich, die Felsen und Steine hier oben haben große hellgrüne Punkte. Das sieht witzig aus. Ich stell mir vor, wie einer des Nachts loszieht, mit einem Farbeimer, um sich einen Streich zu erlauben. Er malt überall grüne Punkte auf die Felsen und am Morgen wundern sich dann die Leute, wie es hier aussieht. Ist natürlich völliger Blödsinn. Bei genauerer Betrachtung entpuppen sich die Punkte als Flechten. Überlebenskünstler in dieser unwirtlichen Gegend. Die Fahrradstrampler haben es auch geschafft. Sie kehren erst mal in der Baude ein, um sich zu stärken, wir aber ziehen weiter.

Es ist schon Nachmittag, wir sollten einen Stellplatz zu finden. Ein Mann kommt winkend auf uns zu. Wir haben noch nicht mal den Parkplatz am Penser- Joch verlassen, halten also noch mal an. Er fragt, ob wir ihn ein paar Kilometer mit ins Tal nehmen können. Ich bin bei Anhaltern immer skeptisch, man hört ja da so Sachen. Der Typ aber, sieht solide und ziemlich geschafft aus. Wir nehmen ihn mit. Er stellt sich vor, als Geschäftsmann aus Bremen, Holzhändler und des Öfteren dienstlich in Südtirol. Wir erfahren, dass er am Vormittag gestartet sei und 6 Stunden gewandert ist bis zum Pass. Sein Rückweg ist deutlich kürzer. Irgendwo auf der Strecke steigt er aus, um querfeldein zu der Häusergruppe links im Tal zu laufen.

In Kaltern am See beziehen wir Stellung für eine Nacht und haben Glück, schon 10 Minuten später ist der Platz voll. Die meisten Camper sind Deutsche. In dieser Gegend spricht man italienisch und deutsch. Auch die Hinweisschilder sind zweisprachig. Es ist sehr heiß und drückend. Am Horizont türmen sich bedrohliche Gewitterwolken. Unser Stellplatznachbar, ein Frührentner, wie wir erfahren, berichtet es sei Schnee gemeldet. In den Bergen über 1500 Metern. Naja wir wollen in den Süden, das kann uns dann egal sein.

Wir laufen eine Runde um den Platz. Vor der Tür eines Wohnmobiles liegt ein brauner, fusseliger, alter Teppich. Irgendwie zusammengerollt, so scheint es. Ich frage mich gerade, wer so was mitschleppt und vor allem wozu, da schaut mich das Ding an. Der Teppich hat Augen und kann sogar mit dem Schwanz wedeln. Zwar schwach, aber immerhin. Da liegt ein Hund mit Rasta-Locken. Diese Rasse heißt Puli, ich kenne sie nur aus Büchern. Wenig später wackelt der ungepflegte Flockati, im Schlepptau und im Takt seines sehr üppigen Frauchens an uns vorbei. Die Leine zeigt wo vorne ist. Der arme Hund schleppt schätzungsweise 50 kg verfilzte Felltrotteln mit sich rum. Kein Wunder wenn sich das Tier bei der Hitze kaum bewegen kann. Der Arme. Ich habe das Bedürfnis, ihn von seiner Last zu befreien. Ritscheratsche mit so einem Gerät womit man Schafe schert, geht bestimmt ganz prima. Der Kommentar von Tom lautet: „ Nee lass das lieber, am Ende wird das noch ein niedlicher Hund, dann passt er nicht mehr zu seinem Frauchen.“

Derweil wagt sich auch das Frauchen unseres Nachbarn vor die Tür. Schüchtern reagiert sie auf unseren Gruß. Sofort fängt der kleine Mann an, ihr die Welt zu erklären. In der Art wie man mit dreijährigen Kindern redet. Komisch, die Frau ist für ihr Alter sehr schick und gepflegt, macht keineswegs einen geistesgestörten Eindruck. Trotzdem, sie versteht kein Wort von dem was er ihr mit Händen und Füßen erklärt, lächelt nur freundlich. Offensichtlich ist sie osteuropäischer Herkunft. Tom meint: „ Die hat er aus einem Katalog“

Wenig später, es ist trübe geworden, in den Bergen grollt der Donner, tritt der Nachbar noch mal vor die Tür um die Lage zu checken. Er trägt beigefarbene Schlüpfer mit braunen Bündchen! Sonst nichts. Aber dafür sind die Buchsen mindestens zwei Nummern zu groß. Sofort tritt bei mir das Loriot-Nudelsketch-Phänomen ein. Ich glotze hin und kann nicht mehr weg sehen. Was für ein Schauspiel! Das kleine Männlein sieht aus, als hätte es Pampers an und ich bedaure aufrichtig die russische Frau.

Schon bald beginnt es zu gewittern und es hört die ganze Nacht nicht mehr auf. Wir kuscheln uns unterm Dach ins gemütliche Bett und lauschen noch eine Weile dem trommelnden Regen, bevor wir einschlafen.

 

Sonntag, 18. September

Es ist kühl und regnerisch-trüb. Unser weißes Mobil ist plötzlich orangefarben. Der Baum unter dem wir standen, hat irgendwie Farbe gelassen. Ich bemerkte schon am Vortag, dass die Blätter des Baumes einen rostig-pulvrigen Belag hatten. Offensichtlich eine Krankheit, Parasiten die was absondern, oder so. Tom ist genervt, muss noch vorm Frühstück alles wieder weiß putzen.

Endlich geht es Richtung Gardasee. Die Berge rings um, sind in Nebelwolken gehüllt. Später fängt es an zu regnen. Immer wieder folgen heftige Schauer. Die Feuchtigkeit kriecht überall hin. Selbst der Gardasee macht einen traurigen Eindruck. Gerne würden wir irgendwo halten und trotz Regen an den See gehen. Aber es gibt nirgendwo eine Möglichkeit zum Parken. Weiter geht es durch die Poebene. Eine langweilige Gegend, wie ich finde. Felder und Kühe und immer wieder Regen. Ich merke wie eine Erkältung von mir Besitz ergreift. Genau so was brauch man im Urlaub. Wir kommen nicht so recht voran auf der Landstraße. In der Nähe von Parma finden wir einen Stellplatz. Es gibt in dieser Gegend auch so gut wie keine. Der Platz ist gepflegt, hat den Charme eines Busbahnhofs und kostet nix. Über den Stellplätzen sind große Solarpanels angebracht. Somit hat man ein Dach überm Kopf. Dabei hat es nun aufgehört zu regnen, zaghaft lugt immer wieder die Sonne hinter den Wolken hervor. Parkplätze mit Solardächern werden wir noch öfter sehen und finden das ziemlich clever. Damit hat man die Fläche doppelt genutzt.

 

Montag, 19.September

Die Sonne strahlt an diesem Morgen und es scheint ein schöner Tag zu werden. Wir beschließen spontan, Parma zu besichtigen. Auch dieser Plan scheitert am Nichtvorhandensein von Parkmöglichkeiten. Alle Plätze sind höhenbegrenzt, so dass wir mit dem Mobil nicht drauf kommen. Die Innenstadt ist ebenfalls dicht. Es bleibt uns nichts anderes übrig als weiter zu fahren. Unser Ziel ist die Chinque Terre an der ligurischen Küste. Wir fahren Landstraße und es geht nicht voran. Die Tour verläuft in Serpentinen Berg hoch und Berg runter. 1,5 Stunden sind wir schon unterwegs aber erst 30 km gefahren. Die Landschaft ist eintönig. Berge und Wald eben. Tom ist genervt und motzt rum. Also nehmen wir dann doch die teure Autobahn und kommen zügig voran.

Mein Eingabefehler ins Navi führt uns allerdings, statt nach Deiva Marina ins 50 km entfernte La Spezia. Knapp daneben ist auch vorbei. Wir stehen mitten in der Stadt. Der italienische Straßenverkehr ist hektisch, das Prinzip einfach, wer bremst hat verloren. La Spezia ist eng und voller Einbahnstraßen. Das Navi sagt dauern, die Route wird neu berechnet, immer und immer wieder. Selbst mit den neu eingegebenen GPS Koordinaten kommt es nicht klar. Die Route wird neu berechnet! Das Ding erinnert mich an meine Mathelehrerin und es heißt von nun an Frl. Weiner. Wir finden, ohne auf ihr ständiges Veto zu achten, die Zufahrt zur Schnellstraße Richtung Norden und kommen in Deiva Marina an.

Der Zeltplatz“ Fournaci al Mare“ ist nur wenige Meter vom Strand entfernt. Man kann die Brandung hören. Der Ort wirkt verschlafen. Der große Ansturm ist für dieses Jahr vorbei. Die Hotels sehen verlassen aus. Am Strand liegen noch einige weibliche „Backpflaumen“ herum, erhaschen die letzten herbstlichen Sonnenstrahlen um durch den Winter zu kommen. Weit draußen auf dem Meer tobt ein Gewitter, Blitze zucken herab. Über uns scheint die Sonne und es gibt eine herrliche Brandung. Ich entdecke die Serienbildfunktion an meiner neuen Kamera, versuche die Blitze am Horizont einzufangen. Es will mir nicht gelingen. Tom, immer auf der Suche nach den ungewöhnlichsten Motiven, steht plötzlich bis zu den Knien in einer Welle. Wir beenden den Tag ganz italienisch mit einer Ladung Spagetti und Rotwein.

 

Dienstag, 20.September

Gegen 9.00 Uhr geht es mit dem Zug zu den 5 Dörfern der Chinque Terre, was so viel wie“ fünf Erden“ bedeutet. Wir haben ein Tagesticket für 7 Euro gekauft und können damit den ganzen Tag hin und her fahren. In Riomagiore beginnt unsere Tagestour. Die bunten pastellfarbenen Häuser sind schmal und ungewöhnlich hoch, scheinen an Felsen geklebt zu sein. Wir klettern durch enge Gassen und bewundern den kleinen Hafen. Die Orte, der Chinque Terre kann man nicht mit dem Auto erreichen. In den Straßen wo anderer Orts üblicherweise Autos parken, liegen hier die Fischerboote herum. In einem Reiseführer lese ich, dass das Seeräubernester gewesen sein sollen. Ich finde im Internet aber keine Bestätigung dafür. Wir laufen den Liebesweg von Riomagiore nach Manarolo. Was uns pro Person 5 Euro kostet, denn wir betreten einen Nationalpark. Überall am Rande des Weges sind Liebesbotschaften und Wünsche in die Felsen geritzt, selbst die dickfleischigen Blätter der Agaven müssen dafür herhalten. Andere wiederum haben ihre Liebe mittels Vorhängeschlössern für die Ewigkeit am Geländer des Liebesweges angeschlossen. Da hängt sie richtig.

Mittlerer Weile ist es voll geworden in der Gegend. Ware Heerscharen von Reisegruppen treiben hier ihr Unwesen. Der Weg ist erstaunlich kurz, bald schon erreichen wir Manarolo. Die Touristendichte wird stärker und ist mir unheimlich. Wir bemerken ein witziges Detail. Jeder Reisegruppe voran schreitet ein Reiseleiter. Sie haben Stöckchen in der Hand, welche sehr originell dekoriert sind. Bunte Bänder, wehende Tücher sind an den Enden der dünnen Gerten fest gebunden. Wir bewundern auch Windräder und eine Dame schwenkt einen winzigen, aber sehr hübschen Sonnenschirm aus weißer Spitze, ebenfalls an einen langen Stab gebunden, vor sich her. Manch einer dieser Reiseleiter schreitet mit hoch erhobenen Dekostab durch die Menge, andere wieder fuchteln wie wild damit herum. Sie erinnern mich an die Tambourmajore von Marschkapellen. Vielleicht gibt es dafür gar so was wie eine Choreographie, so lästern wir, oder gar Wettbewerbe. Ganz nach dem Motto, wer hat den schönsten Stab und kann damit am besten herumfuchteln.

Von Manarolo geht weiter nach Corniglia. Es wundert mich etwas, dass so wenige Leute hier aussteigen. Bald wissen wir warum. Der Ort liegt nicht wie die anderen beiden in einer felsigen Schlucht, nein hoch oben thront er, auf einem Felsen. Es führen Stufen hinauf, unzählige. Eine Himmelsleiter. Meine Erkältung macht mir zu schaffen, die Sonne brennt, es sind 32 Grad. Prima. Trotz allem kämpfe ich mich tapfer den Berg hinauf. Auf jeden Treppenabsatz bekommen wir Sonnenbrillen oder Schmuck angeboten. Ich habe Hunger und Durst. Oben angekommen, fallen wir in die erste sich bietende Trattoria ein. Meine Beine sind wie Gummi, wir sitzen unter Olivenbäumen und genießen den Blick aufs Meer. Nach einer Stunde nehmen wir die Bahn nach Vernazza, ohne uns Corniglia genauer angeschaut zu haben.

Vernazza ist, wie ich finde, das schönste der fünf Dörfer. Es hat einen großen und sehr hübschen Hafen, die Straßen sind breiter und großzügiger angelegt. Es ist schon später Nachmittag, wir sitzen auf der Mole und genießen die Sonne, beobachten das Treiben und sind schon ziemlich kaputt.

Tom will unbedingt auch den letzten der fünf Orte noch sehen. Aber der Zug kommt nicht. Auf dem Bahnsteig drängeln sich immer mehr Reisegruppen. Von einem deutschen Pärchen erfahren wir, dass heute der erste Tag nach dem Bahnstreik ist. Tagelang fuhr hier kein einziger Zug, die Orte waren wie ausgestorben. Sicherlich sind deshalb so viele Reisegruppen auf einmal unterwegs. Nach über einer Stunde kommt der Zug endlich und ist schon ziemlich voll. Wie verrückt drängeln sich die Menschen hinein. Wir haben keine Lust uns dies anzutun und uns in die Sardinenbüchse zu pressen. Schon wenige Minuten später kommt dann einen ganzen Zug fast für uns alleine .Wir gönnen uns noch einen Spaziergang durch Monterosso, der letzte der 5 Orte. Gegen 20.00 Uhr sind wir müde wieder zurück.

Noch während ich, längst wieder zu Hause, diese Zeilen schreibe, sehe ich Monterosso in den Nachrichten. Unglaubliche Wassermassen toben durch den Ort, spülen alles was nicht fest ist ins Meer. Ein großes Unwetter tobt seit Tagen in dieser Gegend. Schade um den schönen Ort.

 

Mittwoch, 21. September

Heute geht es wieder weiter. Eigentlich hatten wir Pisa als Ziel ins Auge gefasst. Von einem Pärchen auf dem Zeltplatz haben wir aber Lucca empfohlen bekommen. Die Richtung stimmt und die Beschreibung der beiden klingt interessant. Auf dem Weg dahin wollen wir noch Lebensmittel kaufen und machen einen Zwischenstopp in Carrara. Auf dem Parkplatz des Coop- Marktes werden wir von Zigeunern belästigt. Die Aufdringlichkeit dieser Menschen überrascht mich. Die Preise in diesem Markt auch. Es scheint alles irgendwie doppelt und dreifach so teuer zu sein. Dafür sieht es aus wie in einer riesigen Delikatessenhandlung. Am Fleisch- und Wurststand muss man, wenn man bedient werden will, eine Nummer ziehen. So wie bei uns auf dem Amt. Wenn dann an der großen Anzeige über dem Stand, die passende Nummer leuchte, ist man dran.

 

Der Stellplatz in Lucca ist gut ausgeschildert und deshalb leicht zu finden. An der Rezeption begrüßt uns ein Deutscher. Der Mann hat unserer Schätzung nach das Rentenalter längst erreicht. Wer weiß schon was ihn nach Italien verschlagen hat. Auf alle Fälle ist er gut drauf und recht geschäftstüchtig. Er empfiehlt uns, nicht mit dem Camper nach Pisa oder Florenz zu reisen, der Verkehr sei die Hölle und Zigeuner würden gerne mal ein Wohnmobil ausrauben. Das mag schon sein. Die Idee mit dem Linienbus zu fahren finden wir gar nicht so schlecht.

Noch am späten Nachmittag kommen die Räder zum Einsatz um den alten Ortskern von Lucca zu besichtigen. Naja, eigentlich wollten wir uns erst mal einen Überblick verschaffen und Tickets für den Bus kaufen. Der Ort hat eine wunderbare, komplett erhaltene Stadtmauer aus dem 16. Jahrhundert auf der man ganz prima radeln oder spazieren kann. Die Häuser hier sind großzügig, manche bemalt, andere mit Reliefs verziert, irgendwie städtischer als am Meer.

Wir sind kaputt und wollen uns einen gemütlichen Abend machen. Aber Ruhe und Beschaulichkeit scheint nicht die italienische Lebensart zu sein. Ich finde dieses Land ist hektisch und laut. Irgendwo in der Nachbarschaft tut ein Rasenmäher seinen Dienst und das sehr ausdauernd. Ebenfalls in Hörweite, ein Schießplatz der Polizei. Es wird geballert was das Zeug hält. Mit einbrechender Dunkelheit wird es ruhig, so hoffe ich. Stimmt auch, bis ein romantischer Campingfreund anfängt Gitarre zu spielen. Leider grottenschlecht. Naja aber sonst ist der Platz ziemlich gut, sehr sauber und gepflegt und mit allem ausgestattet was man so brauch.

 

Donnerstag, 22. September

Gegen 9.00 Uhr sitzen wir bereits im Bus nach Pisa. Eine ganze Stunde schaukeln wir gemütlich über Land, finden in Pisa auf Anhieb die richtige Station zum austeigen. Keine hundert Meter vom Turm entfernt. Wir werden sehr freundlich begrüßt, von afrikanischen Sonnenbrillenverkäufern.

Ich bin erstaunt, denn der Turm ist verdammt schief. Ein Wunder dass er noch steht. Man kann den Campanile auch besteigen. Für 15 Euro. Japanische Touristen krabbeln wie die Ameisen darauf herum. Wir sparen uns dieses Vergnügen. Besichtigen noch den Dom, das Baptisterium, die vielen Souvenirstände und die Toilette. Letzteres scheint mir fast das Beste hier zu sein. Denn es handelt sich um einen wahren Palast. So viele Toiletten nebeneinander hatte ich bis dahin noch nie gesehen und die Klofrau ist sich ihrer herausragenden Bedeutung voll bewusst. Sie sitzt, bunt geschminkt und manikürt, hinter einem riesigen Tresen und telefoniert sehr laut und intensiv. „Pst“, sagt Tom, „stör sie nicht, sie führt gerade ein Ferngespräch. Deshalb redet sie so laut.“ Ah verstehe. Ohne aufzuhören kassiert sie zweimal 30 Cent ab. Schiebt uns zwei Kassenbons über den Tresen. Die sehen aus, als würde man die hier öfter benutzen. Wir vermuten, die Dame wirtschaftet kräftig in die eigene Tasche.

Der Rest von Pisa ist nicht der Rede wert. Staubige Straßen, nichts Bemerkenswertes. Schon am Mittag fahren wir wieder zurück.

In der hübschen Altstadt von Lucca wollen wir noch eine Kleinigkeit essen. Gegenüber einer Kirche entdecken wir einen Dönerladen. Das hätte ich nicht erwartet. Also gut, für Pizza und Nudeln ist noch Zeit genug, heute gibt es Döner. Die lustigen Türken merken, wir sind Deutsche und sprechen uns auf Deutsch an. Ich bin begeistert. Die Italiener hier in den Geschäften ringsum machen allesamt einen arroganten Eindruck, scheinen auch nichts verkaufen zu wollen. Aber die beiden Türken hier sind cool und haben richtig Spaß bei ihrer Arbeit. Wir werden gefragt, ob wir auch Pommes drauf haben wollen. Diese Witzbolde, wir lehnen lachend ab. Der dreifünfzig Döner ist super lecker und mit viel mehr Fleisch, dafür mit deutlich weniger matschigem Kraut, als zu Hause. Wir setzen uns auf die Kirchentreppen um in Ruhe essen zu können. Eine Gruppe junger Leute gesellen sich Döner essend dazu. Ich traue meinen Augen kaum, aus ihren Teigtaschen schauen Pommes heraus.

Wir nuten den Nachmittag um ausgiebig nichts zu tun. Am Abend wird wieder geballert.

 

Freitag, 23. September

Da es so gut klappt mit der Busfahrerei wollen wir uns auch noch Florenz ansehen. Was für eine gute Idee nicht mit dem Mobil dahin zu reisen. Italienische Städte sind verkehrstechnisch einfach nur die Hölle. Trotzdem, was für ein herrlicher Fleck auf dieser Erde. Florenz-die Stadt der Renaissance und der Medici. Eine Stadt voller Kunstschätze. In den Uffizien sind die Schätze der Medici zu bestaunen. Diese Familie war zu ihrer Zeit die mächtigste und reichste in Europa. Katharina und Maria von Medici waren französische Königinnen. Hier könnte man gut zwei Wochen verbringen und hätte am Ende immer noch nicht alles gesehen. Zielstrebig zieht es mich zur Ponte Veggio. Im Mittelalter standen Gemüsehändler und Fleischer auf der Brücke um ihre Waren zu verkaufen. Heute gibt es hier einen Juwelier neben dem anderen, sonst nichts. Ich drücke mir an den Schaufenstern die Nase platt. So üppigen Schmuck habe ich noch nie gesehen, auch nicht auf dem Goldbasar in Dubai. Die Ringe sind voller Edelsteine und riesig groß. Viel zu üppig, um so etwas in Deutschland tragen zu können. Die Preise sind ebenso unglaublich. Ich laufe zweimal über die Brücke, als ich zur dritten Runde ansetze, hagelt es Protest von Tom. Auch in den anderen Geschäften von Florenz gibt es wundervolle Dinge. Taschen, Schuhe, einen ganzen Laden voller Handschuhe aus feinstem Leder und luxuriöse Kleidung. Ich befürchte, wenn ich hier anfange zu kaufen, kann ich nicht mehr aufhören. Also lasse ich es. Was mich heute noch ärgert.

 

Samstag, 24. September

Da wir noch bis Rom wollen in diesem Urlaub, müssen wir weiter. Über das Thema Landstraße denken wir gar nicht mehr nach. Auf der Autobahn geht es doch etwas zügiger voran. Unser Etappenziel auf dem Weg nach Rom, ist der Largo di Bolsena. Bei Orvieto geht es von der Autobahn runter. Erst als wir die Stadt schon mehrere Kilometer hinter uns gelassen haben sehen wir, was für eine interessante Altstadt wir dort verpasst haben. Ein Blick in den Reiseführer verrät mir, dass es dort einen reizvollen Dom geben soll. Ein guter Grund, um auf dem Rückweg noch mal hier vorbei zu schauen.

In Bosena beziehen wir gleich den ersten Campingplatz unterhalb der Stadt. Er liegt direkt am See. Zur Begrüßung bekommen wir mehrere bunte Plastiktüten und eine detaillierte Einführung in die örtlichen Mülltrennungsgepflogenheiten. Wir erfahren auch, dass man den Müll nur zu bestimmten Zeiten entsorgen kann. Sonst ist der Müllplatz abgeschlossen. Um die Toilette ist großräumig ein rot-weißes Flatterband gespannt. Ich bin irritiert. Gab es hier einen Erdrutsch, eine Überschwemmung oder einen Bombenanschlag? Beim genaueren betrachten entdecke ich das Schild. VERBOTEN DAS BENÜTZEN DER TOILETTE WÄHREND REINIGUNGSARBEITEN! Also entweder ich mache ein oder ich störe die Putzfrau. Entscheide mich für das letztere und stelle fest, die Reinigung ist längst beendet. Wir finden dann noch überall auf dem Platz witzige Verbotsschilder auf Deutsch. So fühlt man sich doch ganz wie zu Hause.

Bolsena zieht uns magisch an. Diese alten italienischen Städte faszinieren mich. Wir haben die Kameras dabei und können gar nicht aufhören mit Fotografieren. Von oben haben wir einen herrlichen Blick auf den See. Er ist kreisrund, ein Kratersee und im Sommer sehr beliebt bei deutschen Touristen. Im 12. Jahrhundert soll es in Bolsena ein Wunder gegeben haben. Zu dessen Ehren es nun den Fronleichnam gibt, welcher jährlich mit einer großen Blumenprozession gefeiert wird.

 

Sonntag, 25. September

Auf dem Weg nach Rom machen wir noch einen Abstecher nach Civita di Bagnoregio. Der Ort gehört zu den aussterbenden Städten Italiens, 1990 lebte hier nur noch eine Hand voll Einwohner. Mittlerer Weile wurde er von Romantikern und Künstlern wieder entdeckt, die hier ihren Zweitwohnsitz haben. Seine Geschichte reicht bis in vorchristliche Zeit zurück. Es wird vermutet dass sich hier ein Etruskisches Heiligtum befand. Uns bietet sich ein unglaublicher Anblick. Civita di Bagnoregio sieht aus wie die Kulisse eines Märchenfilms. Hoch oben auf einem Tuffsteinfelsen stehen die Reste der Altstadt. Der Felsen zerbröselt langsam und mit ihm der Ort. Über eine 250 Meter lange Fußgängerbrücke kann man ihn erreichen. Wir laufen durch kleine gepflasterte Gassen, durch die der Duft von Holzfeuern zieht. Am Gartenzaun eines der hintersten Grundstücke sitzt eine mindestens 85 Jahre alte Frau. Zahnlos und in bunter Kittelschürze kassiert sie Eintritt für ihr kleines Privatmuseum und den einmaligen Blick vom Gartenzaun in den Abgrund. Ich höre wie man sie Signora Maria nennt. Wir dürfen für einen Euro zusätzlich ein Foto machen von Ihr.

Am späten Nachmittag ist das Happy Village Camp am Nordrand Roms erreicht. Wir haben den Platz bewusst ausgesucht, weil es einen Shuttlebus gibt. Auch sonst lässt er nichts zu wünschen übrig. In einem kleinen Laden kann man morgens frische Brötchen kaufen und ein Restaurant ist auch da.

 

Montag, 26. September

Mit dem ersten Shuttle fahren wir los. Er bringt uns an die nächste S-Bahnstation. Mit einem Tagesticket für 4 Euro kann man den ganzen Tag durch Rom fahren. Wir beginnen unsere Stadttour an der Metrostation Flaminio, laufen von dort über die Piazza del Popolo. Bewundern die ersten Bernini-Kunstwerke und laufen weiter zur Spanischen Treppe wo wir mit Rosen empfangen werden. Die Rosenverkäufer sind äußerst aufdringlich. Es ist noch früh am Tag, die Straßen Roms sind erstaunlich eng. Mit der Metro geht es weiter zum Vatikan. Eine riesige Menschenschlange ringelt sich in der Sonne um den Petersplatz und es sind bereits 32 Grad. Wir stellen uns beherzt ganz vorne an und sind wenige Minuten später durch die Kontrolle. Wie am Flughafen werden die Taschen durchleuchtet und jeder muss durch diesen Metalldetektor laufen. Kurz vorm Eingang des Petersdoms wird nochmals kontrolliert. Diesmal werden unpassend bekleidete Menschen aussortiert. Naja eigentlich weiß man doch, dass eine Kirche keine Strandbar ist und man sich entsprechend kleiden muss. Das Innere des Doms ist sehr prunkvoll und voller Kunstwerke. Ich stelle wieder mal fest, die Kirche ist das am besten funktionierende Wirtschaftsunternehmen aller Zeiten. Es verwundert uns, dass man keinen Eintritt bezahlen muss. Wir fotografieren ausgiebig. Viele Menschen steigen auch in die Kuppel hinauf. Das ist dann aber nicht kostenlos und mir ist zu warm für so viel Anstrengung. Vom Petersdom aus geht es geradewegs zur Engelsburg. Überall stehen kleine Straßenhändler um Erfrischungen und Panini zu verkaufen. Ein halber Liter Wasser kostet schlappe 4 Euro.

Die Engelsburg, oder auch Castel Sant Angelo genannt wurde als Mausoleum für Kaiser Hadrian gebaut und unter Antoninus Pius im Jahre 139 fertiggestellt. Der martialische Baustil geht auf die Etrusker zurück. In den Grabkammern des Bauwerkes wurden insgesamt 7 Kaiser bestattet. Im Mittelalter wurde die Engelsburg von den Päpsten als Fluchtburg und Gefängnis genutzt. Heute beherbergt sie das Nationalmuseum.

Es ist bereits früher Nachmittag und wir laufen zu Fuß zum Trevi Brunnen. Über die Engelsbrücke geht es hinein in das römische Straßengewirr. Ich bin in meinem Element, mit der Stadtkarte in der Hand ist es mir ein Leichtes die Orientierung zu behalten. Es ist angenehm kühl in den engen, hohen Straßenschluchten Roms. Wir schlendern vorbei an, Cafés, Pizzerien, Antiquitätenläden. Die Geschäfte sind nicht so erlesen wie in Florenz, trotz allem muss ich in jedes zweite hinein gehen. Sehr zum Leidwesen Toms. Er ist es, der den Laden mit den Zinnfiguren entdeckt. Im Schaufenster eine Kompanie kleiner Zinnsoldaten in SS Uniform. In Autos, auf Motorrädern und in eindeutig grüßender Haltung. Wir wissen nicht, was wir davon halten sollen.

Am späten Nachmittag erreichen wir den Trevi Brunnen. Er ist stark belagert von Menschen aus aller Herren Länder. Bekannt ist der Brunnen durch Fellinis Film „La dolce Vita“, in dem Anita Eckberg zusammen mit Marcello Mastroianni ein nächtliches Bad nimmt. Es gibt den Brauch Münzen in den Brunnen zu werfen, es soll Glück bringen und den Werfenden wieder zurück nach Rom führen. Deshalb wird er auch argwöhnisch von Polizisten bewacht. Sobald einer nur eine Hand ins Wasser steckt, gibt es ein Pfeifkonzert und eine lautstarke italienische Ermahnung. Die Stadt Rom soll im Jahr 600 000 Euro aus dem Brunnen einnehmen und angeblich der Caritas spenden. Na wer´s glaubt. Irgendwann abends kehren wir Pflastermüde zurück ins Camp.

 

Dienstag, 27.September

An diesem Tag sind wir nicht so früh unterwegs. Der Vortag steckt uns noch in den Knochen. Rom ist anstrengend und 2 Tage sind in dieser Stadt zu wenig. Wir beginnen die Tour direkt am und natürlich auch im Kolosseum. Ein gigantischer Bau, 50000 Menschen sollen darin Platz gefunden haben, Zuschauer bei grausamen Spielen. Besichtigen anschließend das Forum Romanum. Eine sehr heiße und staubige Angelegenheit. Trotzdem, ein Hauch von Ewigkeit beschleicht uns nun doch. Es ist schwer vorzustellen wie alt die Ruinen sind und wie die Menschen damals gelebt haben. Von den Ausgrabungsstätten geht es zum Tiber, vorbei an der Insel im selbigen.

Gegenüber das jüdische Viertel. Dort tobt das Leben. Die Menschen sitzen in den Straßencafés, die koscheres Essen anbieten. Ein Kinderchor wartet auf seinen Auftritt. Wir kaufen ein Roggenbrot. Immer nur Weißbrot ist auf die Dauer ziemlich fade. Es kostet uns 6 Euro! Auf dem Weg zur Metrostation gibt es noch einen kleinen Umweg zum Pantheon. Auch hier sind so unzählige Touristen unterwegs, dass man kaum treten kann. Der Bau ist trotzdem sehr beindruckend. Obwohl beinahe 2000 Jahre alt ist er unglaublich gut erhalten. Irgendwann war das Pantheon mal eine Katholische Kirche, aber den ursprünglichen Verwendungszweck kennt man nicht genau.

Müde schleichen wir zurück ins Camp, grillen am Abend und packen schon wieder langsam zusammen.

 

Mittwoch, 28.September

Wir sind die letzten, die an diesem Morgen den Platz verlassen. Auch das junge Paar aus Thüringen, unsere Nachbarn, mit denen wir am Vorabend noch einige Becher Rotwein geleert hatten, ist schon weg. Sie waren mit einem „Qeck Junior, einem winzigen DDR-Wohnanhänger, unterwegs und damit die Stars auf dem Platz. Tom muss noch ein wichtiges Fachgespräch über Satellitenanlagen mit einem deutschen Pensionär führen. Dann endlich geht es weiter.

Orvieto ist nicht weit von Rom entfernt. Der Stellplatz dort, liegt unterhalb der Altstadt und direkt an einer Seilbahn, die uns hinauf auf den Berg und in die Stadt bringt. Der Platzwart ist bei unserer Ankunft stark beschäftigt. Auf den Betonplatten vor seinem Häuschen zeigt er dem örtlichen Polizisten Yogaübungen. Ich muss schmunzeln, selbst das meditative Yoga, geht in Italien ziemlich lautstark ab. Immer wieder gibt der Yogi Erklärungen, begleitet von wildem gestikulieren, ab. Erst am Nachmittag machen wir uns auf den Weg zur Seilbahn. Tom ist total begeistert von selbiger und wieder auf der Jagd nach den besten Schnappschüssen.

Auch Orvieto wurde auf einen Tuffsteinfelsen errichtet. Dieser allerdings ist durchlöchert wie ein Schweitzer Käse. Mehr als 1500 Höhlen gibt es dort im Untergrund. Wir machen eine englischsprachige Führung mit. Einige der Höhlen kann man besichtigen. Die meisten aber sind in Privatbesitz, so erfahren wir. Sie werden immer noch genutzt, als Wasserzisternen, Vorratsräume oder Arbeitsplätze. Es wird Olivenöl darin gepresst, oder Keramik hergestellt. Die Keramik scheint den Ort auch zu prägen. Überall gibt es diese wunderschönen, farbenfroh bemalten Krüge, Schüsseln und Teller zu kaufen. Die Stadt wurde ebenfalls schon von den Etruskern gegründet. Am Fuße des Felsens soll es ausgemalte Gräber geben. Diese allerdings haben wir nicht besichtigt. Der Dom, das Wahrzeichen von Orvieto, ist wirklich sehr schön. Er ist im 12 Jahrhundert errichtet worden, auf Grund des Blutwunders in Bolsena. Die Fassade glänzt golden in der abendlichen Sonne. Sie ist über und über bemalt, mit zierlichen Reliefs versehen und mit Blattgold belegt. Die Stadt aber macht einen herbstlich verschlafenen Eindruck. Viele Geschäfte sind bereits geschlossen. Wir gönnen uns zwei Eiswaffeln mit je 2 Kugeln. Bezahlen dafür 10 Euro! Das sind dann 2,50 Euro pro Kugel. Unglaublich!

 

Donnerstag, 29. und Freitag, 30. September

Wir treten die Heimreise an. Ohne weitere Abstecher schaffen wir es bis zur deutschen Grenze. Wir übernachten auf einem Stellplatz gleich dahinter. Am Freitagnachmittag kommen wir zu Hause an.

Insgesamt haben wir 105 Euro für Maut ausgegeben und 360 Euro in Diesel investiert.